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Seit Wochen war der Ausflug zu Christi Himmelfahrt fest in den Kalender eingeplant. Und dann auch wieder nicht.
Wie so oft hing nämlich alles vom Wetter ab. Bei Sonnenschein wollten Mascht und Tommi lieber
Snowboarden gehen (und ich eines der vielen heimatlichen Projekte klettern),
und nur bei Schlechtwetter die Reise in den
Süden antreten. Hias fiel mit seinem beleidigten Rücken sowieso aus, und dadurch auch Christoph,
der seinem Bruder an diesem Wochenende zur Hand gehen sollte. Am Ende wollte dann niemand mehr wegfahren - bis
auf Tommi! Es brauchte schon eine wirklich schlechte Wochenendwetterprognose, um mich zur Abreise
zu bewegen, und die wurde dann auch prompt geliefert. Mascht kämpfte bis 2 Minuten vor Abfahrt mit seinem
schlechten Gewissen, das er wegen der Diplomarbeit, die liegen bleiben würde, hatte; aber wie jeder gute
Student gab er sich schließlich einen Ruck und ließ Studium Studium sein, um doch lieber etwas
vom Sonnenschein und der Wärme des Südens zu ergattern.
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Über das Ziel des Ausflugs mußten wir nicht lange streiten. Da es von Leogang bis an die obere
Adriaküste etwa gleich lange dauert wie bis zum Gardasee, und noch dazu eine Brennerblockade angesagt
war, fuhren wir mit Maschts Bus nach Osp. Dank perfekten Timings erwischten wir den Zug in Böckstein
auf die Minute genau und kamen 15 Minuten später am anderen Ende der Tauernschleuse in Mallnitz an. Eine
weitere perfekte Kalkulation gelang Mascht, der seinen Bus noch durch den Karawankentunnel steuerte, bevor er
auf der slowenischen Seite volltankte: 69,5 Liter in einen 70 Liter Tank! Die Erleichterung darüber,
dass wir nicht mit leerem Tank im Tunnel liegen blieben, war größer als jene vor der Einfahrt in
den Tunnel, als uns der slowenische Zöllner, der uns wegen Tommis vergessenem Reisepass
fast nicht einreisen lassen wollte, doch noch weiterwinkte, als
er hörte, dass wir unser Geld in Osp und nicht in Kroatien ausgeben wollten.
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Kaum 10 Minuten nachdem Mascht den Bus am Parkplatz vor dem Campingplatz geparkt hatte,
standen wir bereits unter den Felsen. Es war sehr warm, ein großer Kontrast zu den
kühlen Temperaturen und dem Regen daheim. Tommi war am ersten Tag noch nicht zum Vorsteigen
bereit, also kletterte er Maschts Touren toprope. Aber einmal mehr beeindruckte das Phänomen
Thomas Gimpl seine Zuschauer: kaum jemand setzt seine Füße so perfekt und bewegt sich so
spielerisch am Fels wie er. Ein Bewegungs-Ästhet mit leider schwach ausgeprägtem Rotpunkt-Fanatismus.
Aber vielleicht täuscht diese scheinbare Gleichgültigkeit ja auch: das Phänomen
Thomas Gimpl ist nämlich auch durch äußerste Undurchschaubarkeit in diesem Belang
charakterisiert!
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Unter dem doch eher überstürzten Aufbruch litt dieses Mal unsere Ausrüstung:
ohne Stühle, Tisch und mit einer sehr bescheidenen Kochausrüstung gelangen daher auch die
Nudeln mit selbstfabriziertem Gemüsesugo nur mäßig. Aber Hunger ist ja bekanntlich
der beste Koch, und so verschwand schließlich der gesamte Topfinhalt in unseren Mägen. Die
Flasche Valpolicella, an die Mascht glücklicherweise noch beim letzten Einkauf vor dem
Wochenende gedacht hatte, war bald leer und wurde
durch ein Eigenerzeugnis von Drago, dem Campingplatzbesitzer und Hobbywinzer, ersetzt. Für mehr
als einen "Koster" reichte es allerdings nicht, da sich keiner von uns mit dem sehr eigenwilligen,
roten Saft, dessen Herkunft aus echten Trauben man höchstens glauben aber vermutlich nicht
beweisen kann, anfreunden konnte und wollte. Interessanterweise verirrte sich an den folgenden zwei
Tagen, in denen die Flasche offen vor unserem Zelt stand, auch kein einziges Insekt hinein. Den Weg in
die heisse Mokka-Maschine fanden sie beispielsweise mühelos!
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Der Samstag war gekennzeichnet von Begegnungen: auf der Suche nach einem Kletterführer machten wir
die Bekanntschaft mit einem bayrisch-australischen Paar, anscheinend die einzigen Nicht-Österreicher
an den Felsen an diesem Wochenende. Danach tauchte ganz überraschend Lisi aus Kitzbühl auf, die
ich ein paar Jahre hindurch fast jedes Wochenende am Schleierwasserfall getroffen hatte,
seit drei Jahren aber gar nicht mehr sah.
Und schließlich traf Mascht auf seinen Studienkollegen Christian, der uns
dankenswerterweise am Abend erst eine Dose Bier spendierte und uns dann mit Essens.- bzw. Lokaltipps
versorgte (von denen es in Osp anscheinend genau zwei gibt.) Weiters verdankten wir ihm Führermaterial
für ein kleines Gebiet in der Nähe von Triest, das direkt am Meer gelegen ist und unser Ziel
für den kommenden Tag sein sollte. Es erübrigt sich ja wohl zu erwähnen, dass wir
inzwischen einen genüßlichen Klettertag an den Felsen oberhalb Osps verbrachten.
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Gott sei Dank war der kleine Grenzübergang von Osp nach Italien offen und unbesetzt. Somit konnte uns
auch kein Grenzer Schwierigkeiten wegen Tommis vergessenem Pass machen. Das Klettergebiet Costiera
schockierte und faszinierte uns gleichzeitig: direkt unterhalb der Küstenstraße gelegen schien
es dem wahnsinnigen Lärm des starken Verkehrs, der sich hupend durch den Tunnel quer durch die
Felsen wälzte, hilflos ausgeliefert zu sein. Die Strasse lieferte mir als Fotograph andererseits
einen unglaublichen Standort, um ganz ohne Aufwand zu tollen Bildern zu kommen. Die Aussicht auf tolle
Fotos bewahrheitete sich auch tatsächlich, während die Angst vor dem Verkehrslärm unbegründet
war. Am Fuß der Felsen war von der Straße überhaupt nichts zu bemerken. So verbrachten wir
einen wundervollen letzten Klettertag am Meer und es sei jedem empfohlen, dieses kleine aber feine Gebiet
einmal zu besuchen.
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Einen weiteren Pluspunkt Costieras wollten wir uns natürlich auch nicht entgehen lassen: das Meer!
Über einen schmalen Steig gelangten wir in 5 Minuten zum Strand, nicht ohne vorher noch von einer
Tafel informiert
zu werden, dass wir FKK Gelände betreten würden.
So mischten wir uns schließlich unter die nicht
unbeträchtliche Zahl Triester Nudisten, die sich in der Sonne aalten, und profitierten ausnahmsweise
einmal von der Tatsache, dass wir keine Badehose mithatten.
Die Heimfahrt verlief schließlich genauso spannend, wie die Reise begonnen hatte: knapper kann man die
Tauernschleuse nämlich kaum erwischen. Diese war aber leider nicht die einzige Schleuse, die
an diesem Tag geöffnet hatte. Bei der
Ankunkft in Böckstein waren es nämlich auch alle Himmelsschleusen, sodaß die Reise so endete,
wie sie begonnen hatte: mit viel Regen.
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