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1.Tag
Die Ankunft in der Laussa im unteren Ennstal, der mittlerweile zweiten
Kletterheimat unseres Tourenführers Matthias, verheisst nur
Gutes: steile und löchrige Felsen, die aus den sanften
Abhängen der oberösterreichen Hügellandschaft
unvermutet steil nach oben schießen, laden zum leichten genauso
wie zum schweren Klettern ein. Dazu Sonnenschein und ein paar
Wölkchen am Himmel, Klettererherz was willst du mehr! Christoph, der drei
Jahre seines Lebens hier - oder sagen wir besser in der Nähe in
Steyr - verbracht hat, zelebriert seine Ankunft mit einem Becher
starken Kaffees, den er in den unendlichen Weiten seiner Küche im
ausgebauten blauen VW-Bus zubereitet. Versonnen schauen wir,
während wir Espresso trinken, den
vier verwegenen Kletteren an der vermeintlichen Sonnleitnerwand beim
Klettern zu, bevor wir uns zu Hias, Elisabeth und Moni an den
gegenüberliegenden Felsen dazugesellen. Aber oh Überraschung!
Die vier extremen Bergsteiger vor uns sind Hias, Elisabeth, Moni und
Michi, und die herrliche Wand die Riesenwand mit ihren 4 senkrechten
bis leicht überhängenden Sektoren. Die erste Abordnung
unserer ausserordentlich motivierten Gruppe klettert schon seit zwei
Stunden und freut sich über die bereits geschafften fünf
Routen. Hias meint, das reiche nun bald, Moni und Elisabeth sind da
aber anderer Meinung und machen sich gleich darauf auf, auch an den
anderen Sektoren noch Touren zu hamstern. Christoph's erstaunter
Ausruf bzw. Frage "war das ein Donner?!" wird mit einem ziemlich
überzeugten "Nein!" beantwortet, und Hias macht sich auf den
kurzen Weg zurück zum Parkplatz, um die fehlenden 5 Teilnehmer
des Alpenvereinsausflugs zu begrüßen und zu den Einstiegen
zu begleiten...
Der Vergleich mit der Ankunft des Volkes Israel im gelobten Land
lässt sich beim Anblick der über die grünen, leicht
ansteigenden Wiesen dem Klettergarten zustrebenden Gruppe nicht
vermeiden: Matthias "Moses" Eder schreitet dem kleinen Volk
bedächtig voran, und hinter ihm folgen die mit
Kletterrucksäcken, Seilen und Jause schwer beladenen Pinzgauer
"Israeliten". Noch ehe wir uns alle begrüßt haben, hat die
eben erst eingetroffene Tanja auch schon den Klettergurt an und macht
sich für die erste Route bereit. An der rechten Einstellung der
11-köpfigen Gruppe gibt es nun keinen Zweifel mehr.
Das Donnern von vor einer halben Stunde rührte offenbar doch
nicht von einer unsachgemäß bedienten Baggerschaufel her,
sondern entlädt sich schließlich in einem einigermaßen
heftigen Regenguss, dem nur die an dem untersten Sektor Kletternden
entgehen. Für das "Volk Israel" ist es, wenn der Vergleich
gestattet ist, die letzte Prüfung des zürnenden
Klettergottes an diesem Wochenende. Die müssen sie dafür
teils heftig frierend im feuchten T-Shirt über sich ergehen
lassen. Nichtsdestotrotz endet der Klettertag nach dem
halbstündigen Regen-Intermezzo erst gegen halb neun Uhr, und
alle freuen sich nach dem Warmwerden mit den Felsen der Laussa auf
das, was Küche und Keller des Gasthof Sonnleitner zu bieten haben.
2.Tag
Das kulinarische Angebot vom Vorabend findet seine würdige
Fortsetzung beim Frühstück im Freien vor dem Gasthof. Die im
Freien im Zelt verbrachte Nacht bot zwar so manchen Schrecken (eine
Schnecke auf dem Zelt versetzte eine Schnecke im Zelt in Angst), bei
Semmeln, Honig und Kaffee sind dann aber alle Fährnisse im Reiche
Morpheus vergessen. Hias hat an diesem Tag den Sauzahn (die
Sauzähne) für uns ausgesucht und gibt am Ende des
Frühstücks noch Anweisungen, für die er die allgemeine
Aufmerksamkeit einfordert. Sogar ein dringender Klogang wird erst nach
Einholung seiner ausdrücklichen Erlaubnis angetreten. Hias'
Kollege Andi von Mammut stößt zu uns und zu zwölft
treffen wir am Parkplatz auf die dort wartende Michi von Mammut,
sodass zwei schwarze Mammut-Sharans von VW sich direkt
gegenüberstehen. Andi erzählt, dass er diese Autos
betreffende Fragen, ob er denn dann gar vom Mammut-Climbing-Team sei, schon
einmal mit "nein, vom Bussi-Bär-Team" beantwortet hat.
Der Sauzahn ist ein Naturdenkmal ebenso wie ein Kletterdenkmal: rundum
bekletterbar bietet er für jeden von uns Kletterspass von der
ersten Route an. Sigrid, die erst seit einem halben Jahr klettert,
findet sich dann auch in den Felsen der Laussa plötzlich im
Vorstieg wieder, während die routiniertere Evelyn hier für
die Fotografen zu schnell die Touren hinaufhuscht. Der Klettergenuss
wird nur getrübt bzw. endet schneller als gewünscht durch
die Vielzahl an scharfen Löchern, denen die hunderten in sie
gequetschten Finger nichts von ihrer Schärfe genommen haben. Nach
6 Stunden Klettern ist Schluss mit Griffhalten, dafür wird der
schönen Tradition des Zusammensitzens und Jausnens in der Gruppe
gehuldigt. Bisher ist ja nicht auf die Tatsache eingegangen worden,
dass das Verhätnis Frauen zu Männer bei diesem Ausflug 7:4
steht; aber diese Tatsache findet bei den aufgetischten
Jausen-Herrlichkeiten ihre Entsprechung: statt Chips, Landjägern
und Wurstsemmeln gibt es Vitalkeks, Nüsse und getrocknete
Früchte (und einen Sack Manner-Taler, den Yvonne beisteuert; aber
Manner fällt eigentlich auch in die Kategorie
"Vollwert"). Allein bei der Bewertung von Bier und Radler
für ein gemütliches Zusammensitzen sind sich Frauen und
Männer einig.
Früh genug für einen guten Kaffee treffen wir auf der
Sonnleitnerschen Terrasse ein und Hias schafft es sogar, Erlaubnis und
Schlüssel für den Besuch des erstaunlicherweise
geschlossenen Schwimmbads in der Laussa zu organisieren. Dabei
dümpeln die einen zur Entspannung zwei kurze Längen hin und
her, während Hias sich in einer Länge Schmetterling versucht
und dafür große Bewunderung bei den Mädels erntet, und
Moni es sich nicht ganz verkneifen kann, ein paar ernsthafte
Kraullängen zu absolvieren. Beim Angebot, ihr am folgenden Tag
eine Bahn von spielenden Kindern freizuhalten, sagt sie zumindest auch
nicht auf der Stelle Nein.
Für einen kleinen Eklat ist dann am Abend auch noch gesorgt: Hias
plaudert ein bisschen aus dem Nähkästchen des
Mammut-Sponsorings, dass er nämlich Sponsoring-Anfragen ungeschaut
abschmettert, wenn das Können des Betreffenden nicht mindestens sein eigenes
übertrifft. Schwer zu sagen, wer nach einer kurzen Pause anmerkt,
dass da aber wohl noch eine Menge Anfragen übrigblieben,
jedenfalls gibt Hias zu, dass es dann freilich noch weitere Kriterien
für eine positive Erledigung der Unterstützungsbitten
gibt. Welches z.B. bei Frauen diese Kriterien sind? Zu Hias Ehrenrettung darf
gesagt werden, dass auch die Männer "etwas gleichschauen
müssen", um in den Genuss der Unterstützung von Mammut
zu kommen.
3.Tag
Zu traurig, der dritte und letzte Tag bricht an. Die Frau, die um 8
Uhr morgens das Tor zum Schwimmbad aufsperrt ist einigermassen
perplex, als sie zwei Gestalten im Schlafsack auf der Terrasse des
Schwimmbad-Cafes antrifft. Als dann um 8.15 Christoph mit Handtuch und
Badehose auf sie zugeht und um Einlass in's Bad bittet, wehrt sie sich
zunächst noch schwach mit dem Hinweis, das Bad sperre erst um 9
auf, lenkt aber gleich ein, er könne wohl hinein; trotzdem sperre
das Bad erst um 9 auf. Es mögen dies aber hoffentlich ihre aufregendsten
Momente an diesem Sonntag im Schwimmbad in der Laussa gewesen sein.
Erneut haben wir uns am Vorabend von den ausgezeichneten
Kochkünsten des Sonnleitners und den riesigen Portionen
überzeugt, und erneut genießen wir das reichliche
Früstück im Sonnenschein. Diesmal hat Hias für uns
technisch schwierige Kletterei am Losensteiner Burgfels
ausgesucht. Dass es sich dabei um einen Klettergarten handelt, der
recht früh Sonne bekommt und dann ziemlich warm wird, hängt
vielleicht nicht zufällig mit dem WM-Achtelfinalspiel Deutschland
gegen England zusammen, das um 16 Uhr im Fernsehen beim Sonnleitner
übertragen wird. Yvonne und Florian, die es als Deutsche inmitten
eines Haufens Pinzgauer nicht leicht haben, aber tapfer jedes
"wia de Preissn" hinunterschlucken, sind darüber auch
nicht böse - ganz im Gegenteil: am späten Nachmittag wird
eine mit einem deutschen Fähnchen wachelnde Yvonne ausser Rand
und Band vor Freude über die Terrasse springen, während Hias ihr immer noch
klarzumachen versucht, dass das Spiel im Falle des für England
gegebenen Lattenpendler-Tors ja ganz anders ausgegangen wäre.
Am Burgfels aber zollen die ersten dem dreitägigen
Klettermarathon Tribut: die Fotographen fotografieren, die
Ausflugsleiter geben Auskunft und überwachen das Geschehen, mit
einem Wort: die Männer sind an diesem Tag eher beim Zuschauen als
beim Klettern (nur der am Vorabend ziemlich angeschlagene Florian
schenkt sich nichts auf den schwierigen Aufschwüngen unter der
Burgruine). Es bedarf schon eines ziemlich energischen "oiso, i
foah hiatz in's Schwimmbod", um die sich rasant steigernden
Kletterdamen zum Aufhören zu bewegen. Nur Elisabeth und Moni, die
mit dem eigenen Auto am Parkplatz stehen, ignorieren diese
Aufforderung und kommen erst eine Stunde später im Schwimmbad in
der Laussa an.
Sehnsüchtige Blicke auf die Riesenwand beim Kaffeetrinken auf der
Gasthausterrasse vor und während des Fussballmatches, und die
traurige Gewissheit, dass ein wundervolles Wochenende zu Ende
geht: eine scherzhaft vorgebrachte und doch ganz
ernst gemeinte Anfrage nach dem nächsten Kletterausflug dieses Jahr
lässt gleich neue Ideen erwachen und Projekte entstehen: vielleicht
sollte man ja wirklich mehr als einmal pro Sommer drei Klettertage in
bester und bestgelaunter Gesellschaft miteinander verbringen?
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