Langkofel

Normal war nur die Route


Zum zweiten mal den Bus verpasst. Blick auf das Ziel meiner Träume.
Es gab eine Zeit, da konnte ich mich beinahe darauf verlassen, wenige Minuten vor Abgehen des Weckers munter zu werden, um das Läutwerk rechtzeitig abzustellen. Das gelingt mir nun nicht mehr. Ich schlage die Augen in der Dunkelheit auf und erwarte, jeden Moment das Piepsen der Uhr zu vernehmen. Aber es kommt nicht. Eine ganz lange Zeit liege ich wach, aber kein Wecksignal. Schließlich schalte ich die Nachttischlampe ein und lese die Zeit ab; Es ist 00:30 Uhr und drei Stunden Nacht liegen noch vor mir, bevor ich aufstehen werde, um in Ruhe zu frühstücken und mich danach nach Hochfilzen zum ersten Zug zu begeben, der mich in Richtung meines ersehnten Tagesziels bringen würde. Das Wecksignal reißt mich dann schließlich aus dem tiefsten Schlaf.

Wenige Minuten vor Eintreffen des Regionalexpresses um 4:18 Uhr stehe ich mit erstaunlichen weiteren vier Personen am Bahnsteig 3. Selbstmitleid ob der nachtschlafenen Zeit ist also nicht angebracht. Ich sehe ziemlich bergsteigerisch aus. Kein Wunder, der Verzicht aufs Auto bedingt, dass man keinen überflüssigen Ausrüstungsgegenstand mitnimmt, denn man muss alles, was man einpackt, auf den Gipfel tragen. So, wie ich also in den Normalweg am Langkofel einsteigen werde, steige ich jetzt in den Zug und suche mir ein freies Plätzchen. Um diese Uhrzeit kein Problem.

Ich bin doch etwas aufgeregt, denn der Zeitplan ist knapp und die Routenbeschreibung in diversen alten, neuen und klarerweise auch Internet Führern klingt nach einer langen und anspruchsvollen Bergtour. Ob ich Zeit haben werde, viele Fotos zu knipsen? Ich überprüfe, welchen Ladestand der Akku meines Fotoapparats aufweist, nicht dass mir unterwegs der Strom ausgeht. Ich drücke auf den Einschaltknopf, einmal, zweimal, dreimal. Nichts tut sich, der Akku ist bereits leer und ich Trottel habe das daheim nicht kontrolliert. Jetzt ist es also tatsächlich so, dass ich einen funktionslosen Fotoapparat auf den Gipfel des Langkofel tragen werde. Naja, wenigstens habe ich nicht meine schwere Spiegelreflexkamera samt Wechselobjektiv eingepackt. Ein erster Dämpfer an diesem Tag.

Umsteigen in Innsbruck, es geht abermals weiter mit einem Regionalzug. Klar wünscht man sich eine flottere Verbindung zum Ausgangspunkt der Tour in Waidbruck, andererseits fahre ich gern mit dem Zug und so sehr viel Zeit verliert man mit den häufigeren Aufenthalten entlang der Strecke auch wieder nicht. So betrachte ich also interessiert die langsam an mir vorbeiziehende Landschaft und freue mich über den strahlenden Sonnenschein jenseits des Alpenhauptkamms. In Leogang hat es die vergangene Woche nur geregnet und zuletzt sogar bis unter 2000 Meter geschneit.

Auf die innere Uhr kann ich mich, wie gesagt, nun nicht mehr verlassen. Was aber verlässlich funktioniert, ist mein Stoffwechsel. Ich habe mir, ein Beispiel an meinem Vater nehmend, angewöhnt, in der Früh einen Liter Tee zu trinken, der jetzt kontinuierlich und hartnäckig den Ausgang aus meinem Körper sucht. Es bietet sich an, das Klo im Zug zu benützen. Weil aber inzwischen sehr viele Menschen im Zug sitzen, es nur eine Toilette gibt und ich mich bei jedem Halt davon überzeugen konnte, dass in jedem italienischen Bahnhof ein WC angeschrieben ist, verschiebe ich das Vorhaben auf meine kurz bevorstehende Ankunft am Bahnhof Waidbruck.

Kurz nach 8:00 Uhr rüttle ich an das versperrte Waidbrucker Bahnhofs-WC. Nun, das ist nicht ganz richtig, die Tür besitzt nicht einmal mehr eine Klinke, an der ich rütteln könnte. Mein vom Klettern trainierter Zangengriff verrät, dass die Tür versperrt ist. Jetzt habe ich schon das zweite mal Pech, denke ich. Nach einer kurzen Inspektionsrunde stelle ich fest, dass es in der unmittelbaren Umgebung keine natürliche Möglichkeit gibt, den Tee unbeobachtet los zu werden. Ich höre in mich hinein und glaube zu spüren, dass ich es eine Stunde im Bus wohl aushalten können würde. Beim Buswechsel in Wolkenstein sollte sich dann wohl eine Möglichkeit ergeben, ein Klo aufzusuchen.

Im Bushütterl vor dem Bahnhof vergewissere ich mich, dass die Abfahrtszeit des 850 nach Wolkenstein stimmt. Wenn alles gut geht, treffe ich um kurz vor 10 Uhr am Sellajoch ein, nehme die berüchtigte Kabinenbahn hinauf zur Toni Demetz Hütte in der Forcella del Sassolungo (19 € Hin- und Rückfahrt) und habe dann knapp sieben Stunden Zeit, um rechtzeitig vor Betriebsschluss der Bahn wieder zurück auf der Hütte zu sein. Dunkel erinnere ich mich, dass ich etwa um 18 Uhr eine ziemlich direkte Verbindung nach Hochfilzen habe, die letzte Möglichkeit noch am selben Tag wieder daheim zu sein, wäre dann eine Stunde später. Um meine Optionen bezüglich Heimreise würde ich mich kümmern, wenn ich wieder zurück am Sellajoch wäre.

Der 850er kommt um die Kurve, aber er fährt auf der gegenüberliegenen Straßenseite ein. Damit habe ich nicht gerechnet, ich war sicher, der Bus würde auf dem Platz vor dem Bushütterl halten. Ich sprinte los, um ihn nur ja nicht zu verpassen. Netterweise scheint die Fahrerin auf mich zu warten. Kurz bevor ich den Einstieg erreiche, kommt aus der Gegenrichtung ebenfalls ein 850er dahergefahren und bleibt vor der überdachten Haltestelle stehen. Einem Impuls folgend mache ich auf dem Absatz kehrt und sprinte zurück. Auch dieser Busfahrer ist so nett und wartet auf mich. Einigermaßen atemlos steige ich die Stufen zum Buslenker hinauf und frage:Ist das der Bus nach Wolkenstein? und bekomme die Antwort No no, Bressanone. Bus nach Wolkenstein... er deutet mit dem Finger auf die gegenüberliegende Straßenseite ist gerade losgefahren.

Ich bin beinahe wütend. Bei einer 50:50 Chance hätte ich mich früher darauf verlassen, die richtige Entscheidung zu treffen. Und gerade beim Zug- und Busfahren hatte ich immer Glück und das es geht sich immer irgendwie aus hat sich mir tief eingeprägt. Hier endet also dieses Glück, das ich stets hatte. Zum ersten mal an diesem Tag überlege ich, die Tour abzubrechen und gleich wieder heimzufahren, der Langkofel würde sich so nicht mehr ausgehen. Wenigstens habe ich jetzt genügend Zeit, mir ein Wäldchen zu suchen, um nicht nur der Wut sondern auch endlich dem Wasser freien Lauf zu lassen. Danach will ich wenigstens überprüfen, welche die nächste Verbindung aufs Sellajoch wäre und rufe zu dem Zweck den Routenplaner auf meinem Handy auf. Eine Ewigkeit starre ich auf den sich drehenen Kreis in der Mitte des Bildschirms - keine Internetverbindung. Was zum Teufel… Ich schalte den Menüpunkt Mobile Daten ein und aus, probiere alle möglichen Optionen aus, schalte das Handy aus und ein. Es hilft nichts, ich bin ab diesem Zeitpunkt informationstechnisch blind unterwegs und muss mich von Etappe zu Etappe mit altmodischen Busaushängen und Zugfahrplänen am Bahnhof weiterhanteln. Der Busaushang an der Haltestelle verrät mir zumindest, dass bereits eine halbe Stunde später der nächste 850er zu erwarten wäre. Ich gebe dem Tag eine Chance, mehr als einmal Pech werde ich wohl nicht haben.

Für zwanzig Kilometer Busstrecke ist eine Stunde Fahrzeit veranschlagt. Der Busfahrer hat mir beim Einsteigen erklärt, dass ich bis Plan di Gralba und nicht nach Wolkenstein fahren muss, um in den 471 zum Schutzhaus Sellajoch zu wechseln. Aha - welche Station ist Plan di Gralba? Im Bus gibt es dazu keinen Anhaltspunkt. Spätestens ab St. Christina ist der Bus bummvoll mit Touristen, die vermutlich das gleiche Ziel haben wie ich, es herrscht ein munteres Geplappere. Auf der Bank hinter mir wird gesächselt, eine Deutsche vor mir klärt ein englisches Pärchen über alle möglichen Verbindungen und Umsteigemöglichkeiten auf, nur die Einheimischen sitzen schweigend auf ihren Plätzen. Überhaupt geht es im Grödnertal zu wie auf einem Jahrmarkt, und das an einem Mittwoch im September. Aber gut, ich bin ja auch hier. In Plan di Gralba steht eine ordentliche Menschenmenge an der Bushaltestelle, und kein Mensch steigt in den Bus aufs Grödnerjoch. Als der 471 schließlich einfährt, denke ich noch, dass sich das nie ausgeht, dass alle Passagiere in den Bus passen. Ich habe das Vordrängeln in der Menge der Wartenden noch nie gemocht, und so kommt es, dass der Busfahrer mir und noch etwa zehn weiteren Personen, die aufs Einsteigen warten, zuruft:Bus voll! Warten auf den nächsten Bus! Das zweite mal an diesem Tag spüre ich ein Köcheln in meinen Eingeweiden und bin drauf und dran, alles hinzuschmeissen und auf der Stelle heimzufahren. Aber ich höre eine Südtirolerin hinter mir sagen, dass der nächste 471 schon am gegenüberliegenden Bussteig wartet, um als Verstärkungsfahrt uns restliche Wartende mitzunehmen. Es gibt also Hoffnung! Anstelle des Busses kommt aber nach etlichen Minuten nur der Busfahrer und sagt - so gut ist mein Italienisch leider noch - dass sein Bus kaputt sei, ein Problem an der Tür, er müsse einen Ersatzbus holen und wir sollten auf den nächsten Anschluss warten. Ich bin jetzt vollends davon überzeugt, dass mich dieser Tag hasst.

Was tun? Eigentlich sollte ich auf der Stelle umkehren und froh sein, wenn ich heute überhaupt den Weg heim finden würde. Aber ich habe schon so viel Zeit, Geld und Emotion investiert, dass ich mir wenigstens anschauen will, was mich am Normalweg auf den Langkofel erwartet hätte. Falls ich mein Vorhaben ein anderes mal umsetzen würde, woran ich aber im Augenblick große Zweifel habe. So schleiche ich also in der Zwischenzeit in Plan di Gralba herum und lese das Schild vor der Talstation einer der modernen Gondelbahnen. Dort steht, dass man mit Gondelbahn und Sessellift und einer 25-minütigen Wanderung durch die Steinerne Stadt ebenfalls zur Talstation der Kabinenbahn auf die Forcella del Sassolungo gelangen könnte. Das Ticket für alle drei Bahnen inklusive Rückfahrt nennt sich Ecopass und kostet 25€. Ich muss nicht lange rechnen, um festzustellen, dass ich auf diese Weise zumindest finanziell keinen Verlust erleiden würde und beschließe, per Ecoticket zur Toni Demetz Hütte zu gelangen. Beim Kauf der Karte erklärt mir die freundliche Dame am Schalter, dass ich mit dem Ecoticket in zweiter Spur direkt zum Einstieg der Kabinenbahn gehen solle. Ich bin immer noch ziemlich grantig und recht viel mehr als ein Aha, danke. ist mir dieser Hinweis nicht wert.

Gemütlich geht es mit den Skiliften bergan und ich beruhige mich etwas. Die Gegend und der Tag sind so wunderschön, Grund genug, trotz aller Widerwärtigkeiten glücklich zu sein. Schnellen Schrittes eile ich durch durch die Steinerne Stadt, vorbei an und in Gegenrichtung zu einer ungeheuren Masse an Wanderern auf dem breiten Weg, immer leicht fallend zur Talstation der Gondelbahn.

Und dann geschieht das Wunder.

Eine riesige Menschentraube steht vor der Kassa und dem Zugang zur Gondelbahn an, nur die zweite Spur ist menschenleer. Mit klopfendem Herzen gehe ich zur Schranke und stecke meinen Ecopass in den Kartenleser. Das Türchen öffnet sich und die beiden Liftmänner bedeuten mir, ich solle gleich zu ihnen kommen, ich wäre als nächster an der Reihe. Ehe ich es mir versehe, springe ich in die Zigarettenschachtelförmige Kabine und der Liftmann schließt das Türchen hinter mir. Ich kann es nicht glauben: alle Fehlschläge und Garstigkeiten der Anreise dienten schließlich nur dazu, mir diesen Vorteil zu verschaffen und mich schneller als die anderen zum Ausgangspunkt meiner Tour zu bringen. Um es mit den Worten meines Freundes Georg zu sagen:Gepriesen sei der Herr!

Ich habe natürlich trotzdem eine Menge Zeit eingebüßt und bin im Zeitplan hoffnungslos zurück, trotzdem keimt in mir die Hoffnung, doch noch zumindest in die Nähe des Gipfels zu kommen. Es ist 11:45 Uhr, als ich von der Forcella del Sassolungo losstarte. Zunächst fühle ich mich inmitten der vielen Bergsteiger und Wanderer noch wie im Europark an einem regnerischen Samstagnachmittag, aber sobald ich den Beginn des Fassaner Bands erreiche, bin ich allein. Ich weiß nicht, wovon mein Herz so klopft, vom schnellen Schritt oder von der beeindruckenden und aufregenden Umgebung, fast bin ich ein bisschen schwindlig, was in dieser ausgesetzten Umgebung nicht gut ist. Ich nehme mir vor, ein kontrolliertes Tempo zu gehen und um 14 Uhr umzukehren, egal, wo ich dann sein würde.

So schief meine Anreise ins Grödnertal auch gelaufen ist, so glatt verläuft mein Höherkommen am Normalweg auf den Langkofel. Ich bin bis zum Langkofelgletscher bzw. seinen Resten allein unterwegs, dort kommen mir zwei Seilschaften im Abstieg entgegen. An die Ausgesetztheit mancher Wegpassagen entlang des Fassaner Bands habe ich mich einigermaßen gewöhnt, beim Klettern ist ohnehin keine Zeit, runterzuschauen und sich zu gruseln. Steigeisen und Eisbeil für die Eisrinne hätte ich mir sparen können, stelle ich fest, sie ist fast aper und das Hochklettern am Grat der Schluchtkante ohnehin direkt genussvoll. Wie überhaupt der Fels entlang der Route perfekt abgeklettert und fest ist. Sobald sich der Fels rauh und etwas zweifelhaft anfühlt, weiß man, dass man die richtige Route verlassen hat.

Um ca. 13:30 stehe ich im Amphitheater. Jetzt bin ich so weit gekommen, ob ich es bis 14 Uhr wohl noch die Führerrinne hinauf, an der Biwakschachtel vorbei und auf den Gipfelgrat schaffe? Ich eile das leichte Klettergelände hinauf, es fühlt sich wunderbar leicht und sicher an und es ist kein Mensch unterwegs, der mir Steine in den Weg legen bzw. werfen könnte. Nur knapp unter der Biwakschachtel treffe ich noch auf einen einzelnen Italiener der mir erklärt, ich wäre heute der erste, der den Gipfel erreichen würde und dass hier normalerweise dutzende Seilschaften unterwegs wären, es heute aber wundersamer Weise sehr einsam sei. Ob ich da wohl alles richtig verstanden habe?

An der Schlüsselstelle wird mein Gottvertrauen noch einmal auf die Probe gestellt: gleich hinter der Biwakschachtel quert man ein paar Meter in die Nordostwand, sozusagen noch geschützt von einer kleinen Schlucht wenige Meter unterhalb, bevor man mit vielen hundert Metern Luft unter sich den Riss im Grad III+ hinaufklettern muss. Ich war schon lange nicht mehr so bei mir, wie in diesem Moment. Und dann stehe ich auf dem Grat. Es ist Punkt 14 Uhr. Ich weiß, dass der eigentliche Gipfel des Langkofel am Ende des Grats ist, mir genügt es, meinen Aufstieg oberhalb des Gedenkkreuzes für Toni Demetz zu beenden, dieser Punkt sieht ohnehin höher aus als der eigentliche Gipfel. Ich schäme mich nicht zu schreiben, dass mir in diesem Moment ein Dankgebet für das Erreichen dieses Punkts das höchste innere Bedürfnis ist.

Meine Rast ist äußerst kurz, weniger weil die Zeit so drängt, sondern eher weil ich den Abstieg über die ausgesetzte Schlüsselstelle hinter mich bringen will. Ich merke schnell, dass es sich gelohnt hätte, entlang des Aufstiegs öfter den Blick zu wenden, um mir den Aufstieg einzuprägen: fast wäre ich zu früh in die Nordostwand abgeklettert, vergeblich nach dem Riss und der Querung zurück zur Biwakschachtel suchend. Zurück auf der richtigen Route geht aber wieder, von ein paar unbedeutenden Verhauern abgesehen, alles glatt und ich komme im gleichen Tempo, mit dem ich aufgestiegen bin, zurück zum Ausgangspunkt der Tour. Der Liter Apfelsaft für den Tag ist fast aufgebraucht, ich habe Recht getan, mir ein paar letzte Schlucke für den Wiederaufstieg auf die Forcella del Sassolungo aufzusparen. Mit mehr oder minder kraftlosen Beinen erreiche ich schon um kurz nach 16 Uhr die Kabinenbahn und mache den wohlbekannten Sprung in eine der Zigarettenschachteln. Als Besitzer eines Ecopasses sind alle Menschen äußerst freundlich zu mir. Während ich langsam ins Tal gondle, kann ich endlich eine Packung Mannerschnitten zu mir nehmen, die erste Jause heute. Ich weiß, dass ich meinem Körper an diesem Tag Gewalt angetan habe und nehme mir vor, es die kommenden Tage wieder gut zu machen.

Wenn auch der Weg zurück wieder durch die Steinerne Stadt und somit leicht bergauf führt, bin ich im Reinen mit mir und der Welt und genieße, was sie mir an Herrlichkeiten in diesen Augenblicken darbietet. Auch die Talfahrt mit Sessellift und Gondelbahn sind herrlich einsam und meditativ. In die Wirklichkeit von Bus- und Zugfahrplänen werde ich erst wieder in Plan di Gralba geworfen. Ich habe zwischenzeitlich immer wieder versucht, doch noch Verbindung mit dem Internet zu bekommen, aber es ist mir nicht gelungen. So treffe ich beim Einsteigen in den 850er die letzte - einzige? - falsche Entscheidung des Tages: ich kaufe eine Fahrkarte bis nach Brixen, wo ich hoffe, bessere Chancen auf eine Zugverbindung nach Hause zu haben als in Waidbruck. Hätte ich mich für einen Umstieg in Waidbruck entschieden, wäre ich bereits um 22 Uhr wieder am Bahnhof in Hochfilzen gewesen. So aber kostet mich die Verbindung ab Brixen zwei zusätzliche Stunden Zeit und einen Eurocity-Zuschlag von 25€ für die Fahrt bis Wörgl mit dem EC 82. Das wurmt mich nur kurz, denn so kann ich in Wörgl wenigstens noch zwei Pizzaschnitten und einen großen Radler im Bahnhofsrestaurant genießen. Ein schräger, aber zum Tag passender Ort, um meinen Langkofel-Ausflug zu feiern.

Ich musste diese Geschichte einfach aufschreiben, nicht nur, weil der Langkofel ein wunderschöner Berg ist, der mich die paar mal, wo ich seiner ansichtig geworden bin, magisch angezogen hat. Sondern auch um mich heute und immer wieder daran zu erinnern, dass es unmöglich ist, Glück, Pech und Unglück abschließend und endgültig zu unterscheiden. Man mag einwenden, dass das, was mir widerfahren ist, Zufall ist, eine Stichprobe simpler Lebensstatistik (dreimal geht's schief, einmal geht's gut), die Magie dieses Tages lehrt mich aber etwas anderes - wie geheimnisvoll und wunderbar dieses Leben doch ist!


Das Blatt hat sich gewendet! Mein Zeitplan ist zwar trotzdem über den Haufen geworfen, aber Hoffnung keimt auf, den Gipfel doch noch zu erreichen.
Langsam, ganz langsam geht es auf die Forcella del Sassolungo und den Ausgangspunkt der Tour zu. Links die Fünffingerspitze, rechts der Spallone del Sassolungo.
Unterwegs im ersten Teil des Fassaner Bands. Blick Richtung Schlern.

Knapp unterhalb der Biwakschachtel Bivacco Reginaldo Giuliani del Sassolungo
Am Gipfelgrat oberhalb des Gedenkkreuzes für Toni Demetz. 14 Uhr, Zeit umzukehren.
Endlich Zeit, um zu verschnaufen und die überwältigende Gegend zu genießen!
Aus der Gondel läßt sich die Königin der Dolomiten, die Marmolata, wunderbar betrachten.
Bahnhof Brixen, ein Käsebrot und eine Dose Bier haben den Weg in meinen Magen rechtzeitig gefunden, bevor es heißt, in den EC 82 einzusteigen.
Öffentlich in die Zukunft.

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