Wassersymphonie

Alpawand, Reiteralpe

Das Topo der
Wassersymphonie auf http://www.bergsteigen.at Endlich ist es wieder soweit: die Hitze des Monats Juli ist kühleren, aber leider auch unbeständigeren Bedingungen gewichen. Am Freitag Abend, noch am Rückweg von der Steinplatte, wo die klassische Südwestkante Martina und mich zu unerwartet kräfteraubenden und schwierigen Kletterzügen gezwungen hat, erreicht mich Hias Anruf. Die Föhnwetterlage erlaubt am Samstag, für dieses Wochenende zum letzten mal, eine alpine Unternehmung. Da es die erste lange Tour dieser Saison werden soll, nehmen wir uns keine allzu schwierige Route vor. Vor zwei Jahren haben wir an der Alpawand dem "Rausch der Tiefe" gefrönt und ihr gegenüber der "Wassersymphonie" den Vorzug gegeben. Die Tour hat uns dann beiden damals so gut gefallen, dass wir uns die andere Linie auch fix vorgenommen haben. Obwohl die Wetterverhältnisse nicht ganz sicher sind, verabreden wir uns für Samstag 6 Uhr 30.

In der Früh tröpfelt es sogar ein bißchen, und der südliche Himmel wirkt bleiern und entmutigend, aber unser Ziel liegt in nördlicher Richtung, daher ignorieren wir das seltsam fahle Licht dieser frühen Morgenstunde und nehmen Kurs Richtung Lofer. Beim letzten mal hatten wir Glück gehabt: kurz nach der Schranke auf dem Weg zur Traunsteiner Hütte gabelte uns Fritz Amann, Erstbegeher sämtlicher neuer Alpawand-Touren, mit seinem Auto auf, führte uns den gesamten Forstweg hinauf und zeigte uns den damals neuen, leichten Zustieg zu den Touren. Wider Erwarten ist der Anmarsch heute aber auch ohne Auto gar nicht so weit. Beim Rucksackdepot treffen dann auch drei von insgesamt fünf Seilschaften an diesem Tag in der Alpawand zusammen. Hias hat mir bis zu dieser Stelle bereits ein Minus wegen schlechter Wegfindung verpaßt (Steinmann übersehen.) Ein zweites Minus erhalte ich, weil ich den Einstieg zur Tour nicht finde, obwohl ich genau davor stehe. Hias ist da sehr streng!

Dann wird die Wegfindung aber dank der vielen Bohrhaken sehr leicht. Der Fels ist unglaublich rauh und wasserzerfressen, das Klettern darauf der reinste Genuss - noch! Der Bauch in der fünften Seillänge ist zwar feucht, aber mit einem herrlich weiten Zug läßt sich jeglicher Kontakt mit dem nassen Lehm vermeiden. In den steilen, griffigen Platten kommen wir zügig höher, allerdings beginnen sich die Haut auf den Fingern und die Zehen in den engen Patschen immer schmerzhafter in Erinnerung zu rufen. Als ich schließlich in der zwölften Länge die großen Füße wieder in die kleinen Kletterschuhe stecke, rufe ich zu Hias hinauf, dass ich nicht mehr auf den Schuhspitzen stehen kann und will. Hias grinst zu mir herunter und meint:"Gfrei di, in da naxtn Läng' is wieda so rauch, do stehst nur no auf de Spitzn!" Er behält damit auch recht. Sein resignierendes "Naa, mitt'n durch die Plott' hot er's bohrt!" in der vorletzten Länge ist dafür unbegründet.

Wir stehen schließlich inmitten von Latschen am Ausstieg und schütteln uns die Hände, eine wundervolle Tour liegt hinter uns. Laut Wandbuch sind wir Seilschaft 117, die in den letzten drei oder vier Jahren die Tour begangen hat - wahrlich ein Klassiker! Wir sind sehr durstig, denn es ist warm und sonnig geworden. Daher machen wir uns gleich an den Abstieg. Ich kann ein Minus aufholen, weil ich Trittspuren zur Rechten entdecke. Hias verleiht es mir aber gleich darauf wieder, weil er meint, links wäre der Weg vermutlich doch bequemer gewesen. Der Rückweg stellt sich dann als sehr weit heraus, immerhin haben wir kletternd 400 Höhenmeter gemacht, die wir nun zusätzlich absteigen müssen. Die Südtiroler, die uns während des Kletterns ständig im Genick gesessen waren, holen uns beim Rucksackdepot ein und machen sich vor uns an den restlichen Abstieg. Wir haben es aber nur gerade so eilig, als dass wir rechtzeitig zu unserem Belohnungsbier kommen. Hias hat 10 Euro in der Tasche, ich 2 Euro 40. Die geben wir dann gern für zwei große saure Radler und ein großes Weizen für Hias und ein kleines für mich aus, während wir von der Gasthausterrasse aus verträumt den schnell über die Alpawand ziehenden Wolken nachschauen.

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